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Vegane Ernährung – Risiko oder gesundheitlicher Vorteil?

Eine vegane Ernährung ist gut für Umwelt und Tierwohl – das ist unumstritten. Aus diesen Gründen reduzieren immer mehr Menschen ihren Konsum an tierischen Lebensmitteln oder werden vegan. Die Anzahl an Personen, die sich vegan ernähren steigt stetig an. Seit dem Jahr 2021 ist der Anteil der Menschen, die in Österreich vegan leben, von 3% auf 5% gestiegen. Damit führt Österreich im europäischen Vergleich gefolgt von Deutschland mit einem Anteil von 4% vegan lebender Menschen.


Doch ist vegan gesund oder birgt diese Ernährungsform auch Risiken? Schauen wir uns an, was wissenschaftliche Studien zeigen.


Gesunde vegane Bowl


Ein gesünderes Leben durch vegane Ernährung


Krebsrisiko und Gesamtmortalität


Vegan lebende Personen haben im Durchschnitt ein geringeres Krebsrisiko als Mischköstler:innen. Außerdem zeigen Studien, dass es bei vegan lebenden Menschen eine Tendenz zu einer geringeren Gesamtmortalität gibt. Die Gesamtmortalität ist die Rate von Todesfällen in einer bestimmten Gruppe oder Population im Vergleich zu einer anderen. Allerdings ist Vorsicht geboten, da diese Evidenz auf wenigen und qualitativ nicht sehr hochwertigen Studien basiert.

 

Typ-2-Diabetes


Wie sieht es mit dem Typ-2-Diabetes-Risiko aus? Bis vor kurzem gab es keine qualitativ hochwertigen Studien dazu. Eine aktuelle Studie zeigt, dass eine ausgewogene, vegane Ernährung mit einem geringeren Risiko für Typ-2-Diabetes einhergeht. Das liegt nicht nur daran, dass eine pflanzliche Ernährungsweise das Abnehmen erleichtern kann, sondern es zeigen sich bei Veganer:innen tendenziell auch eine bessere Funktion von Leber und Nieren, geringere Entzündungswerte und niedrigere IGF-1-Werte. IGF-1 ist ein Wachstumshormon, das mit Insulinresistenz in Verbindung steht.


Herz-Kreislauf-Gesundheit


Veganer:innen haben meist einen insgesamt gesünderen Lebensstil. Sie rauchen im Durchschnitt weniger, trinken weniger Alkohol und sind sportlicher. Daher ist es oft schwer zu untersuchen, ob die gesundheitlich positiven Effekte bei Veganer:innen, beispielsweise auf die Herzgesundheit, auf die vegane Ernährung oder den gesünderen Lebensstil zurückzuführen sind.


Eine aktuelle Zwillingsstudie zum Thema vegane Ernährung und Herz-Kreislauf-Gesundheit sollte darüber Aufschluss geben. Jeweils eine Person von insgesamt 22 Zwillingspaaren musste sich für acht Wochen ausgewogen vegan ernähren, während sich der andere Zwilling ausgewogen mischköstlich ernährte. Vor Beginn der Ernährungsumstellung betrugt der durchschnittliche LDL-Cholesterinwert bei den Zwillingen, die sich im Laufe der Studie vegan ernähren mussten, 110,7 mg/dL. Bei den Zwillingen, die sich im Laufe der Studie omnivor ernähren mussten, betrug der durchschnittliche LDL-Cholesterinwert 118,5 mg/dL. Am Ende der Studie verringerte sich der LDL-Cholesterinwert bei den veganen Zwillingen auf 95,5 mg/dL, während er bei den omnivoren Zwillingen auf 116,1 mg/dL sank. Ein optimaler und gesunder LDL-Cholesterin-Wert liegt unter 100. Neben dem Cholesterinwert verbesserten sich auch bei der veganen Gruppe der Nüchterninsulin-Spiegel, ein wichtiger Faktor für die Entstehung von Typ-2-Diabetes, und das Gewicht. Diese drei Schlüsselfaktoren werden mit einer verbesserten kardiovaskulären Gesundheit in Verbindung gebracht. Eine vegane Ernährung kann also Vorteile für die Herz-Kreislauf-Gesundheit liefern.

 

Gewicht


Vegan lebende Menschen haben im Durchschnitt einen geringen BMI als vegetarisch oder mischköstlich lebende Menschen. In vielen Studien zeigt sich, dass vegan lebende Menschen die einzige Gruppe sind, die einen gesunden BMI aufweisen. Eine vegane Ernährung eignet sich auch gut, um Gewicht zu verlieren.



Achtung: Schlechtere Knochengesundheit in der veganen Ernährung


Neben den vielen positiven Auswirkungen der veganen Ernährung, ist das kritische Thema der Knochengesundheit nicht zu vernachlässigen. Vegan lebende Personen haben im Durchschnitt mehr Knochenbrüche als Personen, die sich mischköstlich ernähren. Ob Veganer:innen auch eine geringere Knochendichte aufweisen ist bisher noch unklar, da Studien unterschiedliche Ergebnisse zeigen. Eine mögliche Erklärung für das höhere Knochenbruchrisiko sind die geringere Aufnahme von Protein und Calcium in der veganen Ernährung. Eine weitere, paradox wirkende Erklärung ist der geringere BMI, den vegan lebende Personen im Durchschnitt haben. Eine größere Fettmasse kann nämlich als „Polster“ bei Stürzen dienen. Übergewicht und Adipositas sind mit diversen Erkrankungen assoziiert, deshalb ist es dennoch wichtig, ein gesundes Gewicht anzustreben bzw. beizubehalten.



Darauf sollten vegan lebende Personen achten


Eine vegane Ernährung kann Vorteile für die Gewichtsreduktion, das Krebsrisiko, Diabetes-Risiko und die Herz-Kreislauf-Gesundheit haben. Allerdings muss man potenzielle Nachteile, wie das erhöhte Frakturrisiko, ebenfalls berücksichtigen.

Für eine gute Knochengesundheit ist es für vegan lebende Personen besonders wichtig, auf eine ausreichende Calcium und Vitamin D Zufuhr zu achten. Vitamin D sollte über Nahrungsergänzungsmittel zumindest in den Monaten zwischen Oktober und März aufgenommen werden. Mit Calcium angereicherte Pflanzendrinks können zu einer ausreichenden Calciumzufuhr beitragen, wenn sie regelmäßig in den Speiseplan integriert werden.


Auch wenn Veganer:innen im Durchschnitt gesünder sind, kann eine vegane Ernährung, wie auch eine mischköstliche Ernährung, gesund und ungesund sein. Es kommt immer darauf an, wie oft welche Lebensmittel konsumiert werden und ob, wo nötig, adäquat supplementiert wird.



 

Achtung: Es kann herausfordernd sein, in sensiblen Lebensphasen wie der Schwangerschaft, Stillzeit und dem Kindesalter den Nährstoffbedarf über eine vegane Ernährung zu decken. Hier raten Ernährungsfachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) unbedingt den Rat einer Ernährungsfachkraft hinzuzuziehen.

 



Autorin:

Christina Dengg, MSc

Ernährungswissenschaftlerin & Ernährungsberaterin


Christina Dengg, Ernährungsberaterin und Ernährungswissenschaftlerin
„Bei einer veganen Ernährung ist meist das „zu viel“ an etwas kein Problem. In der mischköstlichen Ernährung ist ein Hauptproblem das „zu viel“ an Kalorien, Fett, gesättigten Fettsäuren und Salz. In der veganen Ernährung hingegen ist eher ein „zu wenig“ ein Thema: Zu wenig von gewissen Nährstoffen wie Vitamin B12, Calcium, DHA/EPA, Jod oder Selen. Deshalb ist es wichtig, eine vegane Ernährung gut zu planen, um Nährstoffdefizite zu vermeiden.“



Quellen:


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